Die zehn Legal Design-Prinzipien

Arbeiten Sie mit fachübergreifenden Teams

Arbeiten Sie mit fachübergreifenden Teams

Legal Design Teams sollten immer aus Fach-leuten unterschiedlicher Disziplinen bestehen.

 

Legal Design hat den Grundsatz, dass Fragestellungen nicht allein von Juristinnen gelöst werden, sondern von einer Vielzahl an beteiligten Fachleuten aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Die Bündelung heterogenen Fachwissens führt zu besseren Ergebnissen und bezieht unterschiedliche Blickwinkel in die Lösung mit ein. Dabei hilft jedoch die in Juristenkreisen übliche Aufteilung in „Juristen“ und sogenannte „Nicht-Juristen“ nicht unbedingt weiter. In Kanzleien gibt es zusätzlich noch die Einteilung in „Fee Earners“, also jene, die das Geld einbringen, und in „Fee Burners“, also die Angehörigen aller anderen Berufsgruppen, für die man das Geld ausgibt.

Beide kategorischen Einteilungen haben gravierende Auswirkungen auf die grundsätzliche Haltung sowie auf die Bildung und Arbeit multidisziplinärer Teams: Beiträge von Juristinnen werden dadurch automatisch höher bewertet als solche von Nicht-Juristen. Wir beobachten häufig, wie sich Juristen Kolleginnen anderer Fachbereiche gegenüber irrtümlich überlegen fühlen – was für eine multidisziplinäre Zusammenarbeit Gift ist. Keine andere Berufsgruppe kennt eine solche Einteilung in „A“ und „Nicht-A“. Keine Ärztin käme auf die Idee, eine Krankenschwester als „Nicht-Ärztin“ zu bezeichnen. Wie also kommt die Rechtsbranche dazu, Angehörige anderer Berufsgruppen als „Nicht-Juristen“ zu bezeichnen? Unserer Meinung nach ist eine solche Kategorisierung von Menschen nicht nur völlig veraltet. Sie entspricht auch nicht den Werten der Gesellschaft des Jahres 2021, insbesondere nicht denen der Generation Y und jünger. Denn diese Generation ist explizit offen für Diversität, sie schert sich kaum noch um Bezeichnungen, Titel oder irgendeine Art von Kategorisierung. Wir sollten uns ein Beispiel an dieser Haltung nehmen und der Expertise eines jeden Menschen mit Respekt und Anerkennung begegnen, egal, aus welchem Fachbereich er oder sie kommt. 

Der hochgebildete Einzelkämpfer

Einer der Gründe für das Phänomen dieser Kategorisierung liegt, wieder einmal, in der universitären Ausbildung. Juristinnen werden zu Einzelkämpfern ausgebildet. Sie lernen nicht, wie vorteilhaft es sein kann, sich mit Kolleginnen oder gar anderen Fachleuten zusammenzutun. Der Mehrwert einer fachübergreifenden Zusammenarbeit ist den meisten Juristinnen daher schlicht unbekannt. Der Lehrplan juristischer Fakultäten bezieht sich in der Regel auf das jeweilige materielle Recht und vielleicht noch darauf, wie es möglichst nutzbringend durchgesetzt werden kann. Im Fokus liegt das Fachwissen der Studierenden und ihr Geschick in der Anwendung der Gesetze. Eine so einseitige Herangehensweise bereitet die Studierenden aber nur sehr schlecht auf die Herausforderungen der praktischen Arbeitswelt vor. Wir sehen daher einen dringenden Bedarf an Reformen und einer Aktualisierung der juristischen Ausbildung. 

Um in der heutigen und künftigen Arbeitswelt erfolgreich sein zu können, müssten Jurastudenten zusätzlich mit Legal Design Skills ausgestattet werden. Wir haben beide bereits an verschiedenen Universitäten Legal Design Workshops geführt und dabei direkt erlebt, wie dadurch ein Umdenken der Studierenden in Richtung Zusammenarbeit stattgefunden hat, welche Kreativität sie mit einem Mal entwickelt haben und wie die Bedürfnisse anderer plötzlich ins Blickfeld gerückt sind.

Bei Unternehmensjuristinnen sieht die Lage etwas anders aus. Es passiert nicht selten, dass Unternehmen oder Organisationen ihre Inhouse-Juristinnen mehr oder minder als nötige Kostenstelle betrachten, während die Kolleginnen im Vertrieb, in der Produktentwicklung und im Management als diejenigen gelten, die zum eigentlichen Geschäftsergebnis beitragen. 

Aber egal, welches Szenario wir betrachten – juristische Fakultät, Anwaltskanzlei oder die Rechtsabteilung eines Unternehmens: Juristinnen arbeiten häufig völlig abgeschottet von anderen Berufsgruppen. Und das macht es schwer, die Vorteile einer fachübergreifenden Zusammenarbeit zu erkennen und zu nutzen. 

Die beschriebene Abschottung passt nicht mehr in die heutige Arbeitswelt und ins moderne Geschäft. Wir steuern immer mehr auf kundenzentrierte, vernetzte Lösungen zu: Die Unterscheidung zwischen Juristinnen und „Nicht-Juristinnen“ bringt uns da nicht weiter. Wenn Sie auch im Rechtsmarkt vernetzte Servicelösungen schaffen wollen, kommen Sie nicht umhin, die juristische Expertise mit anderem Fachwissen zu kombinieren – wie technisches Know-how für die Entwicklung, Design für eine gute User Experience, Marketing zur Steigerung der Markenbekanntheit und besonderes Verkaufsgeschick, um sich erfolgreich am Markt zu behaupten. So werden all die Fachleute, die das jeweilige Wissen beisteuern, Teil desselben Leistungsversprechens. Alle gehören derselben Wertschöpfungskette an und keiner ist wichtiger als der andere. In einer Welt, in der Rechtsdienstleistungen immer mehr in Richtung vernetzte Dienstleistungen gehen, stehen Juristinnen also nicht mehr unbedingt allein im Mittelpunkt, sondern sind genau wie Kolleginnen aus anderen Berufsgruppen eine wichtige Komponente unter mehreren.

Erfolgreiche Unternehmen brauchen heute fachübergreifende Teams, weil sie viel besser in der Lage sind, Innovationen oder sogar bahnbrechende Geschäftsmodelle (Disruptionen) auf den Weg zu bringen. In einem hart umkämpften Markt wie der Rechtsbranche ist das ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

Bitte beachten Sie:
Wenn Sie unseren Text oder Teile davon in irgendeiner Weise verwenden, müssen Sie Das Legal Design Buch und uns, die Autorinnen Meera Klemola und Astrid Kohlmeier, als Informationsquelle angeben.

Eine neue Perspektive auf die Arbeit im Recht

Dieses Buch ist Pflichtlektüre für alle praktizierenden Juristen, die Themen wie Innovation, Digitalisierung und Vereinfachung praxisnah angehen wollen und dabei den Mandanten in den Mittelpunkt aller Untersuchungen stellen – für zeitgemäße und nützliche Rechtsdienstleistungen.

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